Die Welt befindet sich in einer Phase erhöhter geopolitischer Spannungen, die die öffentliche Sicherheit in Europa bedrohen. Drei zentrale Konfliktzonen – der Krieg in der Ukraine, die Instabilität im Nahen Osten (einschließlich der Houthi-Aktivitäten im Jemen) und die Spannungen um Taiwan – prägen die globale Sicherheitslage. Hinzu kommt die Unberechenbarkeit eines einstigen Hegemon. Die US-Politik unter der aktuellen Regierung erschwert die transatlantische Partnerschaft mit den EU-Staaten sowie die Bündnisstärke der NATO.
Ukraine/Russland: Ein Krieg mit globalen Folgen
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der seit 2022 andauert, hat die europäische Sicherheitsarchitektur nachhaltig erschüttert. Inzwischen reift eine weitere Erkenntnis: ein Frieden über Nacht würde die alte Ordnung nicht wieder zurückbringen. Ein Russland, das weiter die Konfrontation mit dem Westens sucht, würde eine Entlastung der Militärverbände nutzen, um vor anderen osteuropäischen Grenzstreifen Drohkulissen zu erzeugen. Die gemeinsame europäische Stimme, die drei Jahre lang für die Ukraine zu selten im Einklang erscholl, wäre jetzt umso mehr gefordert, da es nun um die Unantastbarkeit des EU-Gebiets geht.
Dabei brächte ein Frieden in der Ukraine noch weitere Herausforderungen für die Öffentliche Sicherheit Europas. Beginnen die Waffen zu schweigen, eröffnen sich Möglichkeiten für ihre Zweitverwertung: dem Verkauf auf den Schwarzmarkt. Europa machte hier bereits Erfahrungen mit dem Nachlasshandel des jugoslawischen Bürgerkriegs. Gleiches ist im Hinblick auf die Ukraine zu erwarten. Allein mit Blick auf das dschihadistische Terrorismusmilieu in Europa besteht ein größerer Abnahmemarkt als Ende der neunziger Jahre des vergangenen Millenniums.
Mit dem russischen Überfall hat der Kreml aber nicht nur die geografische Grenze überschritten. Es begann der Angriff auf Kritische Infrastrukturen, sei es als Cyberattacke oder als Sabotageversuch – und das umfasste den gesamten Westen. Die dadurch entstehenden Spannungen mit Moskau sind zu heiß, um sie sich als neuen Kalten Krieg schönreden zu können. Vielleicht mögen die neoimperialen Bestrebungen Putins Fantastereien bleiben. Doch Zusammenbrüche von Kritische Infrastrukturen erzeugen ein Klima von Dysfunktionalität und Destabilisierung. Diese Effekte treffen die europäischen Gesellschaft ins tiefste Rückenmark.
Naher Osten: Instabilität mit globaler Reichweite
Schon vor dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war der Nahe Osten ein Pulverfass mit hohem Polarisierungsfaktor. Doch die Intensität hat seitdem zugenommen und nimmt weiter zu. Die neue Gaza-Offensive des israelischen Militärs hat international Kritik ausgelöst und die unbedingte Solidarität westlicher Staaten zu Israel im Kampf gegen die Hamas geschmälert. Die aktuelle Entwicklung begünstigt noch stärkere Alleingänge der israelischen Regierung, was wiederum den Unmut von pro-palästinensischen Aktivisten verstärken dürfte. Bereits jetzt kommt es häufiger zu Gewalt-Eskalationen bei Protesten in westlichen Staaten. Sollte es tatsächlich zu einer dauerhaften Besetzung des Gazastreifens durch Israel und zu einer Vertreibung der Einwohner kommen, dürften die Proteste dagegen eine neue Dimension erreichen.
Zum aktuellen Nahost-Konflikt zählen längst die Houthi-Rebellen im Jemen. Unterstützt vom Iran, haben sie ihre Angriffe auf den Schiffsverkehr im Roten Meer intensiviert, was den Suezkanal – durch den 12 % des Welthandels fließen – zu einem kritischen Spannungspunkt gemacht hat. Die Houthi-Angriffe bedrohen die globale Handelssicherheit, was sich direkt auf die EU auswirkt, da sie stark auf Importe angewiesen ist. Höhere Frachtkosten aufgrund alternativer Handelsrouten um das Kap der Guten Hoffnung sowie Lieferengpässe belasten die Wirtschaft und treiben die Inflation weiter. Auch hier entfaltet sich eine destabilisierende Wirkung auf die europäischen Gesellschaften.
Taiwan/China: Ein potenzieller globaler Brandherd
Die Spannungen um Taiwan stellen den zentralen Konflikt im Hegemonialwettbewerb zwischen China und den USA dar. Chinas innenpolitische Herausforderungen – Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, soziale Unruhen – erhöhen den Druck auf die Kommunistische Partei, ihren Anspruch auf Taiwan durchzusetzen. Gleichzeitig hat Taiwan, unterstützt von den USA, seine Verteidigung massiv ausgebaut, was eine Invasion kostspielig und riskant macht. Dennoch bleibt die Gefahr einer militärischen Eskalation hoch, da ein Konflikt in der Taiwanstraße schnell zu einem regionalen oder globalen Krieg eskalieren könnte.
Aber nicht allein eine militärische Intervention Chinas in Taiwan wäre katastrophal. Auch eine Blockade der Insel hätte erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit in Europa, insbesondere durch die Störung globaler Lieferketten. Taiwan, insbesondere durch Unternehmen wie TSMC, produziert etwa 60 % der weltweiten Halbleiter und über 90 % der modernsten Chips (Stand 2025). Europa, das stark auf diese Chips für Automobilindustrie, Elektronik, Medizintechnik und Verteidigung angewiesen ist, würde mit massiven Engpässen konfrontiert. Beispiel: Die Chipkrise 2021-2022 führte in Deutschland zu Produktionsausfällen in der Autoindustrie – ein Taiwan-Konflikt könnte das um ein Vielfaches übertreffen.
Eine Blockade könnte auch die Schifffahrtsrouten in der Taiwanstraße (ca. 50 % des globalen Warenverkehrs) gefährden. Europa wäre indirekt von gestörten Öl- und Gaslieferungen aus Asien betroffen, was Energiepreise steigen ließe. Sollten Unternehmen aufgrund einer Blockade oder Intervention ihre Produktion drosseln oder stoppen, würde sich die Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Unsicherheit in Europa erhöhen. Soziale Spannungen, aber auch die Kriminalität würden zunehmen und damit auch wieder die Destabilisierung der Gesellschaft. Europa müsste um den Willen seiner Stabilität auf Diversifizierung der Lieferketten und strategische Lagerhaltung setzen, um solche Szenarien abzumildern. Doch auch hier gilt: die Zeit für präventives Handeln wird knapp.